Polen (Teil 1)

Sommertage in Bialowierza
Sommertage in Bialowierza

Polen

Wir kamen sehr spät in Polen an, es war schon dunkel - sehr dunkel - aber glücklicherweise haben wir dank P4n-App einen wunderbaren Parkplatz im Wald gefunden und konnten am Morgen erstmal auf einem schönen Naturlehrpfad spazieren gehen, den Wassertank füllen und Sportgeräte benutzen. Später fuhren wir erstmal geiles polnisches Essen einkaufen, polnische Falafel essen (irgendwie gibt's massenhaft Kebabläden, aber keine Türken), Hefekuchen vom Spieß essen (obergeile Idee) und dann fuhren wir satt und fröhlich entlang der weißrussischen Grenze an einen großen See, in der Hoffnung dort am Strand eine Dusche zu finden.. Dusche war schon aus, aber wir haben endlich Elche gesehen! Echte, wilde Elche, die einfach am Waldrand rumlagen. So cool. Der Strand war auch schön (wieder Sportgeräte) und wir verbrachten den Tag dort in der Sonne bei 20 Grad. Am Nachmittag fuhren wir ins quasi ausgestorbene Bialowierza zum Urwald-Nationalpark. Dort ist der älteste Wald Europas und es gibt wilde Bisons oder Wisents. Leider hatten alle Restaurants und Infostände schon zu und in die Kernzone des Waldes konnte man nur mit Führer rein. Nicht so schlimm, denn außenrum war es auch wunderschön und wir fanden es ganz nett, auch mal in der Ebene wandern zu gehen. Die Nacht verbrachten wir auf dem Parkplatz vom Wildgehege. Es war ein sehr cooler Platz, weil wir bei Wolfsgeheul, Bisongebrüll und Hirschgeröhre einschlafen konnten. Es stellte sich heraus, dass zumindest der Hirsch nicht aus dem Wildgehege heraus röhrte. Manu hat ihn beim Einschlafspaziergang mit Vega neben sich im Wald gehört..

Polen ist super. Die Leute sind locker und sympathisch und wir fühlen uns wohl und irgendwie ist es nett auch mal was zu verstehen und ab und zu paar Worte mit anderen Menschen zu wechseln. Aber ein Problem blieb: es gab einfach keine Campingplätze oder Szellplätze, die noch offen hatten. Völlig verständlich in dieser sehr abgeschiedenen Gegend, aber wir haben einfach mal gehofft, dass der letzte Urwald Europas vielleicht auch im Herbst noch ein paar harte Campingenthusiasten anzieht. Immerhin haben wir dort 4 Spanier und 2 Deutsche getroffen. Ende der Geschichte: 2 Tage Ferienwohnung bei Jarek  in Lublin und ein neuer fragwürdiger Rekord: 10 Tage ohne Camping d.h. Dusche. Wir duschen nicht wirklich im Wohnmobil, weil Wasser unser kostbarstes Gut ist, aber Haare waschen und Waschlappen anfeuchten ist schon noch drin. Und so überstanden wir diese schwere Zeit dennoch einigermaßen würdevoll.

Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, dass uns der Aufenthalt in der weitläufigen 40m²-Wohnung kalt gelassen hätte.. Leider war es extrem geil so viel Platz zu haben, Vega einfach auf den Boden setzen zu können, einfach mal drin ein paar Schritte gehen zu können... seufz.

Lublin war ganz schön, wir haben mal wieder fancy gegessen (alles Bio, alles hip) im Zielony Talerzyk und es war schön, mal wieder in einer richtigen Stadt zu sein. In Städten fühlen wir uns immer irgendwie dazugehörig und als Teil der Masse. Außerdem lächeln die Menschen mehr.

Wir tingelten etwas durch Ostpolen und einige wenig-sagende Städtchen, die alle immer komplett mit regionaler Werbung und Wahlplakaten zugepflastert sind und das Auge etwas anstrengen. Am Sonntag fanden überall in Polen lokale Wahlen von Bürgermeistern und Gemeinderäten statt. Auf lokaler Ebene gibt es hier zum Glück immernoch viele liberale Regierungen. Es ist aber echt krass, wie aggressiv und übermächtig die ultrakonservative PiS hier Werbung macht. 

Da wir noch ein paar Tage Zeit haben, bis wir in Zakopane Familientreffen machen, beschlossen wir noch Lviv in der Ukraine zu besuchen. Diese Zeilen werden während der Ausreise (immerhin in der Schengen-Reihe) geschrieben. Sind erst 45 Minuten und wir sind recht zuversichtlich, heute noch Lvivs Altstadt anzuschauen. 


Gestern war ein trauriger Tag. Wir sind ewig durch die Einöde gefahren, überall lag Müll rum und wir wussten noch nicht, wo wir vor der Grenze übernachten sollten.. in Belzec. Hier gab es eines der ersten Vernichtungslager der Nazis. Innerhalb von 10 Monaten wurde hier 1942 eine halbe Million Juden getötet. Danach haben die Nazis versucht, das Lager verschwinden zu lassen und das Gelände war bis in die 60er Jahre normal zugänglich. Einige Jahre später wurde irgendwo ein Gedenkschild angebracht. Menschen vergessen gern.

2004 erst wurde in Belzec ein eindrückliches Denkmal errichtet. Es ist ein riesiges ansteigendes Lavafeld.

In der Mitte ein schmaler Gang, der nicht ansteigt und dessen Wände höher und höher werden. Er führt zu dem Ort, wo die Gaskammer war. Dort ist jetzt eine Wand mit vielen, vielen Namen, nur Vornamen. 

Es ist ein unendlich trauriger Ort. 

Nebenan ein großer voller Firmenparkplatz, das Dorf Belzec, zugepflastert mit PiS-Plakaten und Werbung.

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Kommentare: 1
  • #1

    Nanne (Dienstag, 23 Oktober 2018 22:25)

    Hallo ihr Vier,
    interessant, was ihr über Polen schreibt: die Freundlichkeit der Menschen. Ich stelle mir vor, dass die Menschen verzweifelt sein müssen wegen der immer autokratischen Regierung. Aber das kann man nicht immer im Bewusstsein sein haben als Bürger.
    Ob es für euch schwieriger werden wird mit Campingplätzen samt Duschen wegen des herannahenden Winters? Hoffentlich nicht!
    Bei uns war letzte Woche noch Sommer, habe mit Sommerkleid im Garten gesessen und jetzt wird’s richtig kalt.
    Übrigens Tante Ulla hat sich sehr gefreut über deinen langen Brief, Manuel, hat sie mir heute erzählt.
    Euch noch viele tolle Erlebnisse.
    Herzlichst Nanne