6 Wochen Vanlife

Gerade haben wir beschlossen, dass dieser heutige unser letzter Abend in Norwegen ist. Morgen reißen wir uns los und fahren zum Abisko-Nationalpark in Schweden. Das Wetter soll die nächsten Tage hier zwar noch schön bleiben, aber das soll es dort auch - nur zehn Grados kälter. Und irgendwie sind wir auch satt an den wundervollen Bergpanoramen der Lofoten, wenn auch noch nicht satt an Meeresblicken (aber ist man das je?). Heute Nachmittag saßen wir mit Kaffee auf ein paar Felsen am Fjord neben unserem Nachtplatz in Evenes und es kamen Delfine vorbei. Oder kleine Wale. Es war zauberhaft schön. Aber sie riefen Tschüüüüß Tschüüüüß und schnaubten aus dem Atemloch. Morgen sind wir seit 6 Wochen unterwegs - 5 davon in Norwegen. Vielleicht ein guter Zeitpunkt für eine erste kleine Bilanz. Natürlich nicht so sehr über Norwegen, aber über vanlife. Zu Norwegen können wir nicht viel sagen, außer dass es tatsächlich außergewöhnlich schön ist und uns wirklich jeden verdammten Tag eine fantastische Aussicht beim Essen geschenkt hat. Die Lofoten haben da noch eins drauf gesetzt und Lahko.. seufz.. da lasse ich ein Herzstück zurück. Und Norwegen ist groß. Wir fahren hier weg, mit dem Gefühl, wundervolle zufällige kleine Bruchstücke einer ungreifbaren enormen Schönheit gesehen haben zu dürfen.. so oft sind wir nur durch Zufall irgendwo gelandet, weil wir bspw am Tag vorher auf dem Gipfel einen Mountainbike-Typen aus Südtirol getroffen haben, der uns von dem Pfad erzählt hat. Oder weil die Insel wie unsere Tochter hieß. Oder weil ein Brief nicht kam. Es war nie ein Problem einen Platz für die Nacht zu finden, auch nicht einen Platz mit Spaziergang, Meerblick, Spielplatz oder zumindest Laufradpiste. Manchmal hatten wir aber sogar verglaste Aussichtstürme, beheizte und saubere Badezimmer und unglaubliche Strände für uns allein. Auf Campingplätzen waren wir daher viel seltener als gedacht, diese sind allerdings auch sehr sehr einfach und nehmen in ihrer Einfachheit mit den Breitengraden zu. Macht uns nix aus, waren bis auf ganz ganz wenige Ausnahmen immer sehr sauber und meistens auch für uns allein.


Aaaber: Ikea hat endlich den veganen HotDog eingeführt und wir wollen mal was anderes essen. (In Norwegen gibt's in allen Supermärkten irgendwie das gleiche..)



6 Wochen Vanlife


*kalte Zahlen:

- 4000 km im Wohnmobil

- 469 km auf 9 Fähren

- 42 Nächte davon 14 auf Camping-/Stellplatz 


*Wetter-Fazit

Besser und wärmer als gedacht. Vorgestern noch im T-Shirt am Strand..

Sonne ist besser als Regen, aber am nervigsten ist starker, eisiger Wind - außer in der Nacht, da ist Wind wahnsinnig cool, wenn das Wohnmobil in den Schlaf geschaukelt wird.

Nervig: Nasse Sachen überall, die nicht wirklich trocknen.. Gut am Regen: Wir machen Aktivitäten, die wir sonst vielleicht nicht gemacht hätten, wie Technik-Museum oder Vikinger-Museum (was sehr sehr cool war, weil originaler Langhausnachbau zum reingehen und alles anfassen).

Hätte gedacht, es wäre viel anstrengender, mit dem kalten und oft nassen Wetter klarzukommen, aber weil wir ja wissen, dass es auch wieder gut wird - und zwar nicht erst, wenn der Arbeitsalltag wieder anfängt - fühlt es sich nicht so schlimm an. Im Wohnmobil ist alles besser als Hitze. Morgens zum Aufstehen und abends vor dem schlafen schmeißen wir kurz die Heizung an, sonst brauchen wir sie noch nicht. Es war noch nie unter null Grad. 


*Essen:

Norwegens Supermärkte sind bisschen bescheiden, was vegane Sachen angeht. Wir vermissen Tofu! Aber es gab nur einen Tag lang Hafermilchengpass. 


-Unser kulinarisches Highlight Norwegens:

Lomper (10er-Pack vegane Kartoffelpfannkuchen vorgebacken fürn Euro) 


-Kulinarischer Tiefpunkt:

2 Handvoll vereinzelter Pommes auf ner Fähre für 11€.


Generell essen wir, wir zu Hause, meist zwei mal warm. Reis, Nudeln, Kartoffeln, Suppen, Coucous und dann alles wieder von vorn mit irgendwie Gemüse dazu. Backofen vermissen wir nur ein ganz kleines bisschen. Schönstes Essen war das Kartoffelfeuerfest vor ein paar Tagen. 


*Soziales und Psychisches

Wir kommen alle noch gut miteinander klar. Alma kann zwar die Familienbande mit ihrer 3-Jährigkeit ganz schön strapazieren, aber meistens ist sie schon voll lustig, interessiert und begeistert und wir haben das Gefühl, es macht ihr viel Freude jeden Tag draußen zu sein und auch die Eltern so viel für sich zu haben. Für uns selbst und füreinander haben wir eher weniger Zeit, aber abends finden sich immer noch 1-3 Stündchen Zeit für 2 Glas Wein, Kekse, Nüsse, Kartenstudium, „Internetrecherche“ und lesen oder Fotos anschauen.

Wir dachten, wir werden kauzige grummelige Soziopathen, wenn wir so wenig Kontakt zu anderen haben, aber stattdessen sind wir mega die freundlichen, aufgeschlossenen, kauzigen Happy-People geworden. Wir freuen uns voll, wenn jemand mit uns redet und merken auch anderen immer schon an, ob sie länger unterwegs sind - anhand ihrer Mitteilsamkeit. Wir haben schon einige sehr nette Wohnmobilisten getroffen, man erzählt halt wie lange man schon unterwegs ist, woher man kommt und von da kommt man schnell zu den verschiedensten Themen.. irgendwie nett. Meistens werden wir auf die Kinder angesprochen, wie süß die sind und dann plaudert man ne Weile und dann geht jeder wieder seinen Weg. Ich mag das. Leider sehen wir wenige Leute mit Kindern in Almas Alter, es wäre schön, wenn sie mal jemanden zum spielen hätte.

Bekanntschaften-Highlight war übrigens eine Kassiererin in Digermulen, die war so cool und nett und dann waren wir mal wandern und die einzigen anderen, die an dem Tag dort waren und uns auf dem 

Rückweg entgegen kamen, war sie mit ihrer Familie. Schöne Zufälle gibt's. Es war so super für uns, jemanden NOCHMAL zu treffen, wir konnten uns gerade noch zurückhalten und haben sie nicht umarmt.



(Moralisierende Ergänzung: Ich dachte immer, ich würde wahnsinnig gern Fisch essen wollen in Norwegen und vielleicht auch schwach werden, aber der Anblick von so vielen Lachsfarmen inmitten dieser schönen wilden Natur hat mir das wohl für immer ausgetrieben. Die tausend Tierchen zusammengepfercht in ihrer eigenen Scheiße und kanisterweise zugedröhnt mit Medikamenten und Chemikalien, die alle einfach im Ford bleiben. Also irgendwie macht es der Kontrast zwischen Hochtechnologisierter Ausbeutung einerseits und unberührter Naturidylle anderseits für mich besonders schwer, damit klarzukommen.)

Alles in allem finden wir die Reise bisher großartig und können es manchmal gar nicht fassen, was für ein Glück wir haben.


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